Neue Sachlichkeit (Kunst)
Mit Neuer Sachlichkeit bezeichnet man die Rückbesinnung auf die Welt des Sichtbaren als Reaktion auf die Sturm-und-Drang-Jahre der Vorkriegszeit.[1] Sie begann unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg (Deutsche Inflation 1914 bis 1923) zugleich mit der Hinwendung vieler Künstler zu sozialkritischen Bildthemen (George Grosz, Otto Dix, Christian Schad u. v. a.). Sie hat sich als eine führende Kunstrichtung der Weimarer Republik etabliert.[2] Der Zeitrahmen wird gemeinhin mit der Weimarer Republik gleichgesetzt. Die Kunstrichtung endete 1933 mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten und der nachfolgenden Gleichschaltung der Medien[3][4] sowie der Durchsetzung einer sogenannten Deutschen Kunst.

Carl Grossberg Jacquard-Weberei, 1934
Bedeutung und Geschichte
Die Neue Sachlichkeit war eine prägende Stilrichtung im Deutschen Reich der Zwischenkriegszeit mit führenden Vertretern wie George Grosz, Otto Dix,[5] Carl Grossberg, Alexander Kanoldt, Karl Hubbuch, Franz Radziwill, Christian Schad, Georg Scholz und Georg Schrimpf.[6] Sie beschränkte sich nicht nur auf Deutschland, sondern entfaltete sich auch in Österreich (Sergius Pauser, Rudolf Wacker), in der Schweiz (Niklaus Stöcklin, François Barraud) und den Niederlanden (Pyke Koch).[7] Nach dem Ersten Weltkrieg und unter dem Einfluss gravierender gesellschaftspolitischer Umbrüche, die in der Weimarer Republik mündeten, entwickelte sich unter dem Einfluss der italienischen Pittura metafisica die Neue Sachlichkeit als eine Kunst, die nach den Aufbrüchen und Utopien der Avantgarde im Sinne einer Desillusionierung wieder zum Gegenstand, zum Alltagsobjekt, einem klaren Bildkonzept und einer objektivierenden Darstellungsweise zurück gefunden hat. Der bereits während des Ersten Weltkriegs in Frankreich laut gewordene Ruf nach Ordnung (Retour à l’ordre, Return to order) leitete auch in der Kunst eine erneute Rückbesinnung auf Ordnungsprinzipien und künstlerische Traditionen (z. B. Malweise) ein.
Unter dem Programm gewordenen Ausstellungstitel Neue Sachlichkeit. Deutsche Malerei seit dem Expressionismus fasste Gustav Friedrich Hartlaub, Leiter der Kunsthalle Mannheim, 1925 die führenden Vertreter – einschließlich dem eine Sonderrolle zukommenden Max Beckmann – in einer Wanderausstellung zusammen. Die stark beachtete Ausstellung mit nach-expressionistischer Kunst brachte unterschiedliche Künstlerpersönlichkeiten auf einen Nenner.[8] Ausgehend von der Vorstellung einer krisenhaften Gegenwart unterteilte Hartlaub die Neue Sachlichkeit in einen veristisch-gesellschaftskritischen Flügel und einen eher klassisch-konservativen Flügel, die im Sinne einer Kritik- und Fluchttendenz auf die als Krise wahrgenommene Umbruchszeit seismographisch reagierten.